Dienstag, August 18, 2009

Worauf man bei Rotorblattreparaturen achten sollte


Nach meiner Erfahrung ist der Betreiber von Windkraftanlagen leider oft in der unkomfortablen Lage nach Ablauf der Gewährleistung Reparaturen am Rotorblatt durch sogenannte unabhängige Serviceunternehmen ausführen zu lassen. Kosmetische Schäden, d.h. oberflächliche Lack- und Versiegelungsarbeiten können meist bedenkenlos vergeben werden. Tiefergreifende, sog. strukturelle Schäden sind nicht ohne Risiko, die Vergabe an selbsternannte Reparaturbetriebe in den meisten Fällen ein Fiasko.
Dabei kommt es ganz entscheidend auf das Ausmaß des Schadens an. Sollte etwa nicht nur die äußere Schale, sondern auch die tragende Struktur des Rotorblattes darunter beschädigt oder gar gebrochen sein, dann ist in der Regel ein Austausch oder zumindest eine Reparatur im Fachbetrieb in der Halle erforderlich.
Nach meiner Erfahrung und den allgemein anerkannten Regeln der Technik sind Blattschäden dieses Ausmaßes mit Sicherheit nicht am hängenden Blatt und sogar in geeigneter Werkstattumgebung nur unter bestimmten Voraussetzungen wirtschaftlich und technisch sinnvoll möglich.
Es sind die folgenden Gegebenheiten zu bedenken:
  • Die notwendige Erstellung eines Reparaturplans erfordert intime Kenntnisse der Konstruktion des Blattes, die normalerweise in freien, d.h. Hersteller unabhängigen Reparaturbetrieben nicht vorhanden sind.
  • Zum Nachweis dieser Kenntnisse und Voraussetzung für eine fachmännische Reparatur ist deshalb ein Reparaturplan vorzulegen, bzw. abzufordern, aus dem die Verfahrensschritte, die Beschreibung des Lagenaufbaus und die zur Verwendung kommenden Materialien, sowie Ausführungen dazu, wie die aerodynamische Profiltreue wiederhergestellt und die massendynamischen und aerodynamischen Unwuchten nach der Reparatur ausgeglichen werden sollen.
Können diese Unterlagen nicht in entsprechend überzeugender Form beigebracht werden, macht nicht einmal eine Reparatur unter idealen Bedingungen in der Halle einen Sinn, weil man sich damit folgende Risiken einhandelt:
  • Die Flickstelle wird nicht dauerhaft haltbar sein
  • Die Messung und der Ausgleich der massendynamischen Unwucht durch die Materialverteilung an der Flickstelle und deren abweichenden belastungsmechanischen Eigenschaften übersteigen in der Regel die Fähigkeiten der Rotorblattreparaturbetriebe und können nur von wenigen Spezialbetrieben geleistet werden
  • Die Beseitigung von aerodynamischen Unwuchten, die durch „ambulante“ Profilnachbildungsversuche außerhalb der Urformen im Werk entstehen müssen, sind später nicht mehr, auch nicht von Spezialfirmen, zu beseitigen und
  • Mindern in nicht unerheblichem Maße den Ertrag der Anlage und
  • Belasten durch Wechselwirkungen zusätzlich die Anlage und fördern den vorzeitigen Verschleiß.
Fazit:
Müssen sie dennoch den steinigen Weg einer Reparatur am Anlagenhersteller vorbei gehen, dann ziehen sie einen ausgewiesenen Rotorblattexperten hinzu, der die Reparatur begleitet. Er muss die volle Bauzeit über vor Ort präsent sein und mit ausdrücklicher Kooperationszusage des Reparaturbetriebs und entsprechender Weisungsbefugnis bis hin zum Baustopp ausgestattet sein.

Viel Erfolg wünscht
Dr. Wolfgang Holstein
info@rotorcare.eu
GSM +49 172 311 8886

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