Montag, September 14, 2009

Kleben macht oft den Eindruck, als sei dies eine hohe Kunst

Warum haftet in diesem Fall die Klebung nicht? Das ist nicht selten die Frage.

Kleben ist keine Kunst, sondern Kleben eine interdisziplinäre Aufgabenstellung. Daran sind beteiligt: Die Konstruktionstechnik, die Werkstofftechnik, die Chemie, die Grenzflächenphysik, die Verfahrenstechnik und die Fertigungstechnik.

Das ist aber noch nicht alles. Die Qualitätsüberprüfung einer Klebung ist mit zerstörungsfreien Methoden kaum möglich. Die Bestimmung der Eigenschaften eines vollzogenen Klebeprozesses kann in der Regel nur an repräsentativen Klebeproben, die prozeßbegleitend erstellt werden, verifiziert werden.

Damit wird Kleben zur Vertrauenssache: Das Risiko einer Klebung ist direkt verbunden mit der peinlich genauen Überwachung und natürlich Einhaltung der Prozeßparameter beim Klebevorgang selbst. Ganz selten nur liegt die Ursache der Haftungsverminderung einer Klebung zeitlich nach Abschluss des Klebeprozesses.

1. Brennpunkte der Aufmerksamkeit während des Klebeprozesses

A) Trennmittel: Im klassischen Fall ist bei Haftungsversagen ein Trennmittel im Spiel. Klebepartner werden nicht selten in Formen hergestellt. Wenn diese Formflächen nicht ausreichend sorgfältig vom Trennmittel gereinigt werden, kann dies zu unliebsamen Überraschungen führen. Unachtsamkeiten in der Handhabung von Trennmitteln in der Fertigung müssen strikt ausgeschlossen sein.

B) Positionierung der Klebepartner: Markierungen, Anschlagpunkte, Abstandshalter und Führungen zur Unterstützung der Einhaltung der Klebespalttoleranzen sind nur scheinbar nebensächliche prozeßtechnische Details

C) Oberflächenbehandlung: Die chemische Aktivierung von Oberflächen vor einer Verklebung mutet wie eine Geheimwissenschaft für sich an. Genau genommen ist deren haftungstechnisch verbessernde Wirkung gelegentlich im Bereich von Glaube und Hoffnung einzuordnen und wird in Wahrheit vom theoretischen Hintergrund nur wenig belegt.

D) Fügegestalt: Insbesondere bei Blindverklebungen sollten die Bauteilgeometrie die Applikation des Klebers unterstützen und Fehlmontagen des Klebers während des Fügens vermeiden helfen.

E) Klebstoffchemie: Die Vernetzung gleich- oder verschiedenartiger Komponenten zu einem Kettenpolymer hat sehr unterschiedliche Mechanismen. Während bei der Polyaddition mindestens zwei verschiedenartige Grundbausteine in genau abgestimmtem Mengenverhältnis das gewünschte optimale Ergebnis bringt, bilden dies die Monomere bei der Polymerisation in einer Kettenreaktion. Hingegen liefern andere gleichartige Grundbausteine bei der Polykondensation unter Abspaltung eines Kondensats die angestrebte Kohäsion.

F) Ungewünschte Reaktion während der „offenen Zeit“ des Klebers: Wenn freie Radikale an der Kontaktfläche z.B. eine Reaktion mit dem umgebenden Luftsauerstoff eingehen und deshalb dann für die Vernetzungsreaktion nicht mehr zur Verfügung stehen, dann erreicht die Klebung beim Abbinden nicht das gewünschte Kohäsionsniveau.

G) Grenzflächenphysik: Der Kleber selbst kann bei strukturellen Klebeverbindungen nur soviel leisten, wie die Grenzflächenhaftung zum Fügeteilwerkstoff zulässt. Die richtige Oberflächenbehandlung als Vorbereitung für eine zuverlässige Klebung und natürlich auch die exakte Einhaltung der Parameter des Klebeprozesses selbst ist erheblich bedeutsamer als die Auswahl des Klebermaterials.

H) Topfzeit und Abbinde- oder Aushärtezeit: Während der Topfzeit kann der Kleber verarbeitet werden. Danach beginnt die Abbindung des Klebewerkstoffs. Lange Topfzeiten sind immer mit langen Abbindezeiten verbunden, in der die Klebung nicht ohne Schaden voll belastbar ist.

I) Dosieren: Ungenaue Dosierung führt bei der Polyaddition zum Verbleib von überschüssigem Reaktionspartner im ausgehärteten Werkstoff. Dieses Monomer wirkt als Weichmacher und kann zur Grenzfläche der Klebung hin diffundieren und die Haftung mindern.

J) Mischen: Beim unsachgemäßen Ansetzen von exotherm reagierenden Klebstoffsystemen kann die bei der Vernetzungsreaktion freiwerdende Wärme die Klebereigenschaften degradieren oder ganz zerstören. Je größer die Klebstoffmenge, umso heftiger ist diese Reaktion bis hin zur offenen Verbrennung.

K) Oberflächenzustand nach Lagerung/Transport: Je nach ökonomischen Randbedingungen müssen Klebepartner zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten hergestellt werden. Der Zustand der Oberflächen nach Lagerung und Transport ist oft nur sehr schwierig kontrollierbar und hält gelegentlich Überraschungen bereit.

L) Prozeßintegrierte Herstellung von Verklebungsproben: Es ist erstrebenswert eine konstruktive Lösung für die Herstellung von Verklebungsproben zusammen mit der Verklebung selbst zu organisieren, die nach dem Abbinden abgetrennt und im Bruchlastversuch getestet werden können.



2. Nur wenige Beispiele können die Risiken der nachträglichen Degradation einer Klebung erläutern

A) Äußere Weichmacher diffundieren zur Klebegrenzfläche: Die chemische Beständigkeit und Permeabilität der Klebepartner in der Umgebung einer Klebung können unterschiedlich auf vagabundierende Weichmacher im Werkstoff reagieren.

B) Spannungskorrosion: Die elektrolytisch bedeutsame Kombination und der Kontakt von Klebepartnern im Klebespalt (Beispiel: Kohlefaser in Kontakt mit Aluminium) kann zum Aufbau einer elektrischen Spannung führen (Batterie) die auf Dauer zu einer Oxidation und dann zum Versagen der Adhäsion führt.

Kennen Sie weitere Risiken einer Klebung? Schreiben Sie hier einen Beitrag!

Keine Kommentare: